
Er verließ sein Haus für zwei Minuten und in dieser kurzen Zeit wurde er Opfer der Marokkanischen Polizeibrutalität. Eine bittere Erfahrung, die unschuldige Menschen tagtäglich im Rif oder in der Westsahara machen.
Auf seinem Twitteraccount erzählte er von dem erlebten Alptraum:
„Am 21. März 2019, gegen 19:45 Uhr, verließ ich meine Wohnung in Rabat, Marokko, um Wein zu kaufen, bevor der Laden schloss. Auf dem Weg dorthin ging zu meiner Mitbewohnerin und sagte ihr, ich komme gleich zurück.
Als ich an einem Kreisverkehr ankam, begrüßte ein fremder Mann mich mit “Bonjour”. Viele Leute verkaufen hier ständig Dinge, deshalb habe ich ihn ignoriert. Aber er kam näher und packte mich schließlich an der Schulter und dann an meine Brust.

Er fing an, Fragen zu stellen, woher ich komme, wo ich wohne und wo mein Reisepass ist. Ich war mir seiner Identität nicht bewusst, weil er keine Uniform trug und sein Kumpel auch nicht. Er identifizierte sich schließlich als Polizei.
Er fragte, wo ich wohne. Ich sagte Bab Chellah. Er fragte, wo mein Reisepass sei. Ich sagte zu Hause. Er fragte, woher ich komme. Ich sagte USA. Und dann stellte er immer wieder dieselben Fragen.
Es frustrierte mich, weil ich es ihm bereits gesagt hatte. Obwohl ich meinen Reisepass nicht hatte, zeigte ich ihm meinen Führerschein. Es war ihm egal. Sein Kumpel sagte: “Wir bringen dich weit weg von hier.” Als ich ihm sagte, dass ich mit ihnen nirgendwo hingehen würde, hielten sie mich fest und legten mir Handschellen an.

Sie warfen mich auf dem Rücksitz eines Polizeiwagens. Es waren bereits andere Passagiere drinnen. Ich hatte mein Telefon nicht dabei und nur ungefähr 10 Dollar bei mir. Ich wusste nicht, wohin sie mich bringen würden. Wir erreichten eine Polizeistation in einem nahe gelegenen Viertel (Agdal). Bis heute bin ich mir nicht sicher, wo genau.

Sie machten mir die Handschellen los und setzten mich mit 30 bis 40 anderen Leuten in einem Wartesaal – Jugendliche bis Männer – alle schwarz. Der Saal war dreckig und sie machten das Licht nicht an als es dunkel wurde. Wir warteten ungefähr eine Stunde, bis man uns Gruppenweise in einen Raum rief.
Als sie mich fragten, woher ich komme, sagte ich: “Amerika.” Sie lachten und sagten: “Nein, wo kommst du wirklich her?” Ich sagte New York. Sie fragten nach meinen Eltern. Ich sagte North Carolina und Alabama. Die Implikation war klar.
Sie nahmen meine Fingerabdrücke. Sie haben ein Fahndungsfoto von mir gemacht. Einer der Männer fragte, ob ich Arabisch spreche. Ich sagte nein. Er sagte mir, dass ich es tat. Ein anderer sah mich direkt an und sagte einfach: “Terrorist.” Ich sagte: “Nein, bin ich nicht.” Er sagte: “Boko Haram“.
Nach langem Warte kamen dann Militärs zum Bahnhof. Mit Gewalt packten sie uns grob und setzten uns in einen Tourbus und fuhren los. Ich versuchte mir jedes Wahrzeichen zu merken, das ich identifizieren konnte, bis wir zur Autobahn gelangten.
Ich saß neben dem einzigen Marokkaner im Bus. Er sprach ein wenig Englisch, aber er sagte, er wisse auch nicht, wohin wir gehen würden. Er dachte wahrscheinlich Gefängnis. Während der Reise wurden die Sicherheitskräfte gewalttätig.
Einige Teenager beklagten sich, dass der Bus kalt sei oder es kein Essen gab. Die Männer schlugen sie mit Schlagstöcken. Wenn jemand versuchte, einen anderen zu beschützen, wurden auch sie geschlagen.
Ein alter und betrunkener Blinde konnte nicht still sein, also versuchten sie ihn so lange zu schütteln, bis er es war. Ich habe versucht, den Chef nach irgendwelchen Informationen zu fragen, aber er hat sich geweigert, mir zu antworten. Ich bat ihn auch um ein Telefon. Er sagte, er hätte keinen Service.
Schließlich kamen wir an. Der Bus hielt, sie sagten uns, wir sollten aussteigen und ließen uns in der kleinen Stadt Beni-Mellal – 3 bis 3,5 Stunden von Rabat entfernt.

Und sie sind einfach gegangen. Zu keinem Zeitpunkt hatten sie erklärt, warum sie mich verhafteten, warum sie uns nach Beni-Mellal brachten oder warum sie mich gehen ließen. Nichts. Ich nahm einen Bus nach Rabat für 6 Dollar. Ich kehrte gegen 8 Uhr morgens in mein Haus zurück und blieb dort für die nächsten 4 Monate.

Ich habe versucht, mein Haus nicht zu verlassen. Ich habe immer meinen Reisepass dabei. Wenn die Polizei ging, entschied ich mich für die andere Seite des Bürgersteigs. Wenn sie mit ihren Wagen runden drehten, wartete ich, bis sie weiterfuhren. Ich tat so, als ob es mir gut ginge.
Ich habe mein Visum um etwas mehr als einen Monat überschritten, weil ich so wenig Kontakt wie möglich mit den Behörden haben wollte, und jetzt will das Land mich nicht mehr raus lassen. Als ich es am 20. August versuchte, schickte mich die Grenzkontrolle zur zentralen Polizeistation in Tanger. Mir wurde gesagt, dass sie im Urlaub waren.
Meine Gastmutter kannte den Prozess und half mir, einen Aufenthaltsbescheid zu verfassen. Der Leiter des Tanger-Büros lehnte es ab, weil es aus Rabat stammte. Als ich einen Brief meiner Gastfamilie in Tanger vorlegte, weigerte er sich, ihn zu bearbeiten, und sagte, ich müsse nach Rabat zurück.
In Rabat sagte der Leiter des Büros, ich müsse bis zum 10. September auf eine Anhörung mit einem Richter warten und einen Anwalt mitbringen. Er schrie mich an und schickte mich viermal aus dem Büro, ohne jemals die vielen Dokumente zu akzeptieren, die er angefordert hatte.
Und bisher hat die Botschaft nicht geholfen, weil sie “nicht kann”. Als ich verhaftet wurde, haben sie nichts unternommen und mich nur auf eine Website mit potenziellen Anwälten verwiesen, von denen sie behaupten, dass sie diese nicht empfehlen können und nur in der Lage sind, eine Liste von Optionen bereitzustellen.
Es ist jetzt der 30. August und Marokko lässt mich immer noch nicht aus den Land.
Die Missachtung der Einwanderungsbehörden, die Beschuldigung der Opfer und die Farbe jeder einzelnen Person, die jeden Tag die Einwanderungsbehörden besucht, ist kein Zufall und geht mir nicht aus dem Kopf.
Bevor Sie ein Flugticket nach Marokko buchen, sollten sie immer an meine Geschichte denken.“